Die Geschichte der Olive

Das zeitlose Erbe des Olivenbaums in Griechenland

Die Geschichte des Olivenbaums beginnt vor über 7.000 Jahren – tief verwurzelt im uralten Boden des östlichen Mittelmeerraums. Aus den Händen phönizischer Händler trat dieser heilige Baum seine Reise gen Westen an, fand fruchtbaren Boden und Verehrung in den Ländern Südeuropas. Griechenland – das kulturelle und botanische Tor zum Mittelmeer – war die erste europäische Zivilisation, die den Olivenbaum bewusst annahm, kultivierte und verehrte.

Im antiken Athen war der Olivenbaum weit mehr als eine Nutzpflanze – er war ein Grundpfeiler von Identität, Wirtschaft und Ritual. Während sich der athenische Stadtstaat zur Demokratie entwickelte, wurde Athen zu einem der bedeutendsten Zentren der Olivenölproduktion im Mittelmeerraum. Die Olive und ihr goldenes Elixier waren tief verankert im bürgerlichen, spirituellen und häuslichen Leben der Griechen. Zwischen dem 7. und 3. Jahrhundert v. Chr. untersuchten angesehene Philosophen, Ärzte und Botaniker das Olivenöl nicht nur wegen seiner kulinarischen Eigenschaften, sondern auch wegen seiner heilenden Wirkung – und dokumentierten seine therapeutischen und botanischen Qualitäten mit wissenschaftlicher Akribie.

Doch seine Bedeutung reichte weit über den Nährwert hinaus: Der Olivenbaum war ein Symbol für Frieden, Weisheit und Beständigkeit – ein stiller Zeuge des griechischen Lebensrhythmus über Generationen hinweg.

In der Mythologie entstand der Olivenbaum aus einem göttlichen Wettstreit: Als Poseidon und Athene um die Schirmherrschaft über eine große Stadt rangen, ließ Poseidon eine Quelle mit Salzwasser entspringen. Athene hingegen schenkte der Menschheit etwas von bleibendem Wert – den Olivenbaum: Quelle von Öl, Nahrung, Holz und Licht. Die Bewohner wählten Athenes Geschenk, und zu ihren Ehren wurde die Stadt Athina – Athen – benannt. Für immer verbunden mit dem Schicksal des Olivenbaums.

Auch der mächtige Herakles war eng mit der Olive verbunden. Seine Keule wurde aus dem Holz der wilden Agrielia-Olive gefertigt. Nachdem er seine zwölf Arbeiten vollendet hatte, pflanzte er einen Olivenbaum in Olympia. Aus dessen Zweigen wurde der Kotinos geflochten – der Siegeskranz der Olympiasieger, ein Sinnbild für Triumph und göttlichen Beistand.

Diese Verehrung überdauerte die Jahrhunderte. In der byzantinischen Epoche florierte die Olivenölproduktion nicht nur, sie weitete sich erheblich aus – und machte das Byzantinische Reich zum größten Exporteur dieses flüssigen Goldes weltweit. In der orthodox-christlichen Tradition erhielt Olivenöl einen heiligen Status: Es salbte die Gläubigen und erhellte die Gotteshäuser.

Hinter all dem – Mythos und Medizin, Wirtschaft und Weltreich – stand Gaea, die urtümliche Mutter Erde der griechischen Mythologie. Sie, die göttliche Verkörperung der fruchtbaren Erde, schenkte allem Leben seinen Ursprung – und durch den Olivenbaum eine zeitlose Verbindung zwischen Mensch, Natur und dem Göttlichen.